von der Sinnlosigkeit des Konjunktivs 

Im Sommerurlaub 2018, an der Nordsee, hatte ich beim Baden in der Brandung erstmals ein beklemmendes Gefühl der Schwäche. Als ich aus dem Wasser kam, dachte ich, ich wäre eben 1000 Meter gelaufen, bekam kaum Luft. Ich hielt das für eine Art Panikattacke, aber ab diesem Zeitpunkt fühlte ich mich mehr und mehr unfit: Der Yogaunterricht strengte mich plötzlich an, beim regelmäßigen Schwimmen musste ich Pausen einlegen und wurde insgesamt weniger belastbar. Im Herbst hatte ich dann mal eine starke Bronchitis, meine (wöchentlich behandelten Schmerzen in der Wirbelsäule und Hüfte) nahmen auch zu und fühlte mich insgesamt seither nie mehr richtig fit, sogar beim Singen im Chor bröselte meine Stimme. Irgendetwas musste sich ändern und ich zog Anfang 2019 langsam die Handbremse. Meine beiden Yogakurse bereitete ich darauf vor, dass sie sich sich ab Herbst 2019 auf eine neue Kursleiterin einstellen müssen: Ich wollte die Kurse, die mir immer so viel Energie und Freude gegeben haben, abgeben. In meinem 2. beratenden Job in einer kleinen AG bot sich auch die Chance auf eine Veränderung und ich nutzte diese, um mich bereits für Herbst 2019 beruflich weit gehend frei zu schaufeln. Mein Mann vereinbarte mit seinem Arbeitgeber ein Sabatical von August bis Ende Oktober 2019, um die Sommerferien mal komplett mit Familie und Wohnwagen zu verbringen und mir für Herbst eine 3-wöchige Mutterkur zu ermöglichen. Die war bereits genehmigt. Mein eingefädelter „Endspurt bis zur Pause“ lief. Die sollte in den Pfingstferien starten, für die wir 2 Wochen Wohnwagen Urlaub in Kroatien gebucht hatten. Eine kleine Verschnaufpause gab es in den Faschingsferien in Tirol. Auch da erkannte ich meine körperliche Form nicht wieder, sogar das Spazieren mit dem Hund wurde immer anstrengender, ich hatte Probleme, genug Luft zu bekommen und ein leichtes, Hüsteln wurde mein ständiger Begleiter. Zuhause angekommen nutzte ich meine Schlappheit auf dem Sofa dazu, 2 komplette Tage lang unseren Sommerurlaub zu planen und zu buchen: 5,5 Wochen an 3 Orten in der Normandie und Bretagne. „Jetzt nur noch bis Pfingsten durchhalten, dann kommt endlich meine/unsere Comfort-Time“ ging durch meinen Kopf. 

Sie kam nicht. Stattdessen eben kurz vor Ostern der Krampfanfall, der schließlich zutage brachte, was sich da in den letzten Monaten (offensichtlich?) in meinem Körper entwickelt hatte. 

Wieso hab ich nicht vorher reagiert? Klar hab ich bemerkt, dass was nicht stimmt. Warum bin ich den Wirbelsäulenschmerzen nicht endlich mal auf den Grund gegangen? Ich hab’s mir einfach selber schön erklärt – „naja, meine alten Baustellen eben, ich werde halt auch nicht jünger“, „ach die Bronchie schon wieder, mein gewohntes Herbst- und Winterthema“…

Sicher gab es ein paar Gedankenfetzen in Richtung „könnte auch was Ernstes sein“. Deshalb hatte ich wohl auch instinktiv schon eine Entlastung herbeiführen wollen – zu spät, leider.

Statt in Kroatien habe ich die Pfingstferien nun weitgehend auf dem Sofa verbracht, mal fühlte ich mich ganz gut, dann wieder miserabel. Den Frankreichurlaub haben wir storniert und (trotz Reiserücktrittsversicherung) Riesenprobleme damit, unsere jeweiligen Anzahlungen zurück zu bekommen. Ein paar Tage war die Familie zu Besuch, anschließend unsere Kinder eine Weile beim Onkel in Italien. 

Ja: Ich fand es extrem doof, nicht an meinem Traumstrand am Meer sein zu können und ein paar mal musste ich das auch aktiv beweinen. Aber dann ist es nunmal so, was kann ich daran ändern? Besser genieße ich doch hier die Zeit mit Familie und Garten und mit dem Aufschreiben von Gedanken. JETZT bin ich (noch) da, also ist’s doch wohl das Schlauste, aus diesem Jetzt das meiste rauszuholen: Mich zu erfreuen an all den helfenden Händen und Köpfen im Familien- und Freundeskreis, an den lieben Botschaften und kleinen Überraschungen und Blumen, die mich fast täglich erreichen. An den whtasapp-Meldungen der Kinder, mit Fotos vom Baden, an den Jungvögeln und Eichhörnchen im Garten, an den leckeren Erdbeeren, dem blühenden Garten, dem Tag, an dem ich meine Beschwerden gut im Griff habe, meinem Appetit… Ich glaube das nennt man Demut.

Und ja: Ich hätte früher drauf kommen können – aber was hilft mir das jetzt? Die Achtsamkeit mit mir selbst wurde mir jetzt quasi vom Körper verordnet und nun gilt es, besonders gut hin zu spüren, wie ich die Bekömmlichkeit meiner Therapie steigern kann. Auch mal eine Behandlung verschieben, wenn ich spüre, es wird zu viel, dran arbeiten, eine Ernährung zu finden, die meinem Körper hilft, die Ruhepausen zu genießen, statt damit zu hadern…

Und ja: Träumen, zum Beispiel von meinen Sehnsuchtsorten darf ich auch weiterhin – wer weiß, ob ich sie nicht doch eines Tages wieder sehe – nur erwarten tue ich das nicht, würde ich mich doch selbst damit unnötig unter Druck setzen.